VORGESCHICHTE
Das Kloster Nütschau, zwischen Hamburg und Lübeck gelegen, wurde im Jahr 1951 als nördlichstes deutsches Benediktinerkloster auf dem Gebiet eines ehemaligen Gutshofs gegründet. Zentrum der Anlage bildet das sog. Herrenhaus, ein dreigiebeliger Renaissancebau von Heinrich Rantzau aus dem 16. Jahrhundert. Nach und nach ergänzten weitere Bauten das Ensemble.
Das jetzige Jugendhaus, welches in einem ehemaligen Verwalterhaus aus dem 19. Jahrhundert eingerichtet und vor mehr als 30 Jahren umgebaut und erweitert wurde, ist für die in ihm vorgesehenen Nutzungen zu klein und erfüllt heute weder den notwendigen Brandschutz noch die aktuellen energetischen Anforderungen, die für eine moderne Jugendarbeit dieser Art notwendig sind. Daher ist ein Ergänzungsbau geplant, der die wesentlichen Nutzungen des bestehenden Baus aufnehmen kann.
BAUKÖRPER
Der geplante Neubau besteht aus einem langgestreckten Bauvolumen ( 42 x 7,5 m) mit Satteldach.
Das zweigeschossige Gebäude ist um ca. 50 cm über das natürliche Geländeniveau angehoben. Ein außen umlaufender und überdachter Gang – in gleicher Breite wie der Dachüberstand – verbindet die einzelnen Eingänge miteinander.
Der zentrale Empfangsraum (‚Paradies‘) besitzt eine großzügige doppelte Raumhöhe und wird durch Oberlichter belichtet, welche auch den direkten Blick in den Himmel erlauben. Die Schlafbereiche und Gemeinschaftsräume sind mit angemessenen Raumhöhen zweigeschossig organisiert.
ENTWURFSKONZEPT
Als Vorbild für den Neubau für das Jugendhaus dient die einfache Typologie eines bäuerlichen LANGHAUSES. Dieser Bautypus besitzt eine große Tradition und ist in unterschiedlichen Kulturen und Zeiten zu finden. Er verbindet sich gut mit ländlichen Räumen und bietet einen flexiblen Großraum, der genau auf eine spezifische Organisationsform des Zusammenlebens angepasst werden kann. Diese Qualität soll auch das neue Jugendhaus erhalten. Es soll ein Gebäude mit einer robusten, äußeren Hülle werden, das unabhängig von möglichen inneren Veränderungen ist. So kann es sich unter seinem Dach über die Zeit weiterentwickeln, neu angepasst oder komplettiert werden.
Als Langhaus wird auch der Hauptteil eines traditionellen, christlichen Kirchenbauwerks bezeichnet. So findet ‚Ora et Labora‘ in der Kubatur des Jugendhauses einen räumlichen Ausdruck. Seine dunkle Gebäudehülle erinnert außerdem an den schwarzen Habit der Mönche.
KONSTRUKTION UND MATERIALITÄT
Auf einer aufgeständerten Grundplatte von ca. 11 m x 47 m steht eine geordnete Folge von Stützen im Raster von ca. 7 x 7 m, mit Trägern und Fachwerk.
Die Außenwände werden in Holzständerbauweise mit Holzverschalung errichtet, die Innenwände als Holzfachwerk mit weiß gekalkten Lehmbauplatten. Die Decken werden als Holz-Beton-Verbunddecken, das Dach Holzsparrenkonstruktion mit Trapezblech-Eindeckung ausgeführt. Es sollen nach Möglichkeit lokale und nachwachsende Baustoffe Verwendung finden.
KLIMAKONZEPT
Vorhandene, natürliche Energiequellen einzubinden ist die zentrale Idee des Klima- und Energiesparkonzeptes für das neue Jugendhaus. Es soll daher eine Wärmepumpenheizung zum Einsatz kommen, die ohne CO2-Emissionen auskommt. Für die Warmwasseraufbereitung bieten die großen nach Süden orientierten Dachflächen ideale Vorrausetzung für die Nutzung von Solarthermie.
Die zentrale begrünte Empfangshalle (das sog. Paradies) fungiert als thermischer Puffer zwischen Innen und Außen und senkt die Temperaturdifferenz zwischen Raum- und Außenzone. Die Anordnung der Räume und Flure ist so gestaltet, dass im Sommer eine Querlüftung in beide Richtungen möglich ist. Außerdem schützt auch das weit auskragende Dach die Räume vor direkter Sonneneinstrahlung und Überhitzung.
BAUABLAUF
Die rechtlichen Voraussetzungen für den Bau des neuen Langhauses wurden bereits geprüft und es liegt ein positiver Bauvorbescheid vor (Dezember 2020). Es ist geplant, im Frühjahr 2022 den endgültigen Bauantrag einzureichen.
Seitens der Gemeinde Travenbrück wird derzeit parallel ein Bebauungsplanverfahren durchgeführt, welches auch eine zukünftige Erweiterung des Langhauses ermöglichen soll. (Sommer 2021-Sommer 2022)
DAS LANGHAUS FÜR DIE JUGEND IN ZAHLEN
Gruppenschlafräume mit 42 Übernachtungsplätzen, Plenum, Meditationsraum und multifunktionale Eingangshalle
BAUKOSTEN (brutto):
3,0 Mio EUR
BRUTTOGRUNDFLÄCHE:
673 m2
NUTZFLÄCHE:
470 m2
(Stand: Nov. 2021)
DIE ARCHITEKTEN
IMKEWOELK + Partner ist ein Architekturbüro, das Architektur und Kunst sowie Planungspraxis und Forschung verbindet. Gegründet wurde des 1997 in Berlin von Imke Woelk und Martin Cors. Auf der praktischen Ebene arbeitet das Büro an der Konzeption und Umsetzung von Design- und Architekturprojekten, vor allem im zeitgenössischen Wohnungsbau, wie auch bei der Realisierung von Kultur- und Bildungsbauten. Auf theoretischer Ebene entwickelt das Büro durch Forschung, Ausstellungen und Schriften kritische Positionen zu den Themen Urbanisierung und Natur, Flexibilität und Zeit, Ökologie und Material.